Linus’ Geschichte

Also lass dir vom Licht den Weg weisen.
Halte an jeder Erinnerung fest, wenn du gehst. Und jede Straße, die du wählst,
wird dich immer nach Hause führen.
(Wiz Khalifa)

Linus, wir können uns noch gut an deine ersten Schritte bei uns erinnern. Im Galopp bist du aus dem Anhänger gestürmt und auf die Weide gesprungen.
Ein richtig starker Ochse, ein echt kraftvoller Kerl! Gemeinsam mit deiner Mutter Lotte und den Zwillingen Zappa und Ruthie bist du hier eingezogen. Du hast es geliebt, dich unter dem Hals kraulen und dir das Fell bürsten zu lassen. Allerdings hattest du damals schon Arthrose und verformte Klauen. Als der Klauenpfleger in deinem vorherigen Zuhause war, hast du ihm vor lauter Panik den Klauenstand zerlegt. Da unser Klauenpfleger Yakwilli kurz nach deiner Ankunft verstarb, mussten wir uns erst mal auf die Suche nach jemandem geeigneten für eine Pediküre begeben.
„Nur Verrückte haben so große Ochsen!“, erklärte der erste Klauenschneider, der kam und dessen Klauenstand zu klein für dich war.

Deine vorherige Menschengefährtin hat deine Mutter Lotte vor dem Schlachter gerettet, als diese dich bereits unter dem Herzen trug. Du kamst behütet auf die Welt und konntest bei deiner Mutter aufwachsen. Doch nachdem sich der Mann von deiner Menschengefährtin trennte, war euer Glück wieder in Gefahr. Der Mann wollte den Hof verkaufen und deine Menschengefährtin musste in eine kleine Wohnung umziehen, wohin sie euch Rinder nicht mitnehmen konnte. Sie wandte sich hilfesuchend an uns. Wir fanden Landwirt Andreas, der schöne, flache Weiden mit schattigen Bäumen für euch hat und einer Zusammenarbeit zustimmte. So konntest du also weiter mit deiner Mutter zusammen bleiben und mit ihr und den Zwillingen Ruthie und Zappa zu uns ziehen.

Dank der Zusammenarbeit mit White Paw fanden wir dann auch eine Lösung für deine Pediküre, auch wenn wir dich für die Klauenpflege bis nach Niedersachsen auf den Lebenshof Wilde Hilde transportieren mussten, wo sich ein Tierarztteam um deinen Klauenschnitt kümmerte. Danach konntest du auch wieder besser laufen. In diesem Jahr fanden wir dann endlich sogar hier bei uns einen Klauenschneider, der sich gemeinsam mit unserem Tierarzt an dich ran traute.

Du warst zu uns immer sanft und einfach ein richtig lieber Ochse. Doch die jahrelange Fehlstellung wirkte sich auf die Gelenke aus und auch die Arthrose machte dir immer mehr zu schaffen.

Vor einem Jahr kam dann dazu, dass deine liebe Mutter Lotte im Alter von 20 Jahren auf der Weide für immer ihre Augen schloss, nachdem sie 15 Jahre lang immer an deiner Seite war.
Zunächst waren dann die Kühe Monja und Lina bei dir, die dich immer auf Trab hielten. Dann kam der Winter und immer wieder sackten dir deine Hinterbeine weg. Deine Muskulatur wurde weniger und das Laufen fiel dir immer schwerer. Um dich von der Weide ins Winterquartier zu holen, mussten wir eine Fahrt im LKW für dich buchen.

Auch wenn deine Hinterbeine immer schwächer wurden, freutest du dich noch immer über Leckereien wie Äpfel und Streicheleinheiten. Du erlebtest noch deinen 16. Geburtstag auf der Weide in der warmen Frühlingssonne. Wir verabreichten Schmerz- und Arthrosemittel und gaben dir die liebe Schneewaltraud zur Seite. Es fiel uns schwer, dich gehen zu lassen, weil du einfach ein liebenswerter, großartiger, einzigartiger Ochse warst. Doch das Stehen strengte dich an, das Laufen ging nur noch schlecht und es gab keine Aussicht mehr auf Besserung. Also schickten wir dich weich gebettet mit Äpfeln und streichelnden Händen auf deine letzte Reise.

Jetzt bist du wieder mit deiner Mutter Lotte vereint. Wir danken deiner Retterin, deinen lieben Patenmenschen und unserem Landwirt Andreas, die dir bis zuletzt ein würdevolles Leben ermöglicht haben.
Linus, dieses Lied ist für dich.

Linus, wir werden dich immer vermissen!