Kühe

Unsere heute bekannten Rinder gehen überwiegend zurück auf den Auerochsen, auch „Ur“, genannt. In diesem Fall steht die Bezeichnung „ochs“ für Wildrind und die Bezeichnung „Auer“ entwickelte sich aus dem Wort „Ur“. Diese Urrinder sind seit dem 17. Jahrhundert ausgestorben. In den 1930er Jahren versuchten dann die Brüder Lutz und Heinz Heck das Urrind durch den Versuch einer „Abbildzüchtung“ wiederzubeleben. Daraus entstanden die robusten Heckrinder mit imposanten Hörnern, die jedoch kleiner sind, als ihre wilden Vorfahren. Als „Kuh“ wird ein Rind bezeichnet, nachdem es das erste Mal ein Kalb bekommen hat. Von daher ist die Bezeichnung „Kühe“, für alle Rinder zwar in der Alltagssprache gebräuchlich, aber genau genommen nicht ganz korrekt.

Rinder geben auch nicht einfach so Milch. Wie bei allen Säugetieren dient die Milch als Nahrung für den Nachwuchs. Sie schießt auch bei der Kuh erst kurz vor der Geburt ihres Kälbchens ein. Während ein Kalb je nach Alter acht bis elf Liter am Tag trinkt, werden Hochleistungskühen mehr als 20 Liter am Tag abgemolken, Die Kälber werden in Milchbetrieben meist kurz nach der Geburt von ihren Müttern getrennt, damit die Milch für den Konsum des Menschen verwertet werden kann. Für einen Liter Milch muss das Herz der Kuh 300 bis 500 Liter Blut durch das Euter pumpen.

Ursprüngliche Kuh

Hochleistungs-Milchkuh

Das Wesen der Kühe

Freundschaften
Rinder sind Herdentiere und bilden enge Freundschaften untereinander. Sie können verspielt, neugierig und verschmust sein. Um ihre Zuneigung auszudrücken, belecken sie einander. Innerhalb der Herde gibt es Hierarchien. Rinder kommunizieren über ihre Körperhaltung und eine ganze Palette von Stimmlauten miteinander, die eine Vielzahl an Emotionen ausdrücken können. Sie legen Wert auf einen Individualabstand von einem halben Meter bis zu fünf Metern. Wird dieser unterschritten kann das zu Auseinandersetzungen führen. Es sei denn, die Annäherung dient der Bekundung von Zuneigung.

Mutter und Kind Bindung
Kuhmütter haben eine enge Bindung zu ihrem Kalb. Sie haben eine spezielle, sehr sanfte Tonlage, mit der sie mit ihrem Nachwuchs kommunizieren. Wie beim Menschen dauert es rund neun Monate von der Empfängnis bis zur Geburt. Kühe erkennen ihre Kälber am Geruch, ihren Lauten und an ihrem Aussehen. Wenn eine Mutter mal eine Auszeit braucht, gibt es oft andere Kühe in der Herde, die die „Kinderbetreuung“ übernehmen und an denen sich die Kälber orientieren. Die besondere Bindung zwischen Kuh und Kalb bleibt meist auch noch über das Abstillen hinaus bestehen, auch wenn der Nachwuchs schon dem Kälbchenalter entwachsen ist.

Schon gewusst?

Verdauung

Rinder sind Wiederkäuer und haben vier Mägen. Die Nahrung gelangt zuerst unzerkaut in den Pansen, wo sie gepresst wird und zu gären beginnt. Im Pansen beginnen Bakterien und Einzeller die Pflanzenkost mit Säure zu zersetzen. Dann kommt die Nahrung wieder hoch, die Rinder kauen ihn durch und befördern den Nahrungsbrei dann in den Netzmagen. Der Netzmagen fungiert als Sieb und lässt nur Nahrung in den Blättermagen, die bereits fein genug ist. Alles andere befördert er wieder zum Kauen nach oben. Der Blättermagen filtert Wasser und Nährstoffe heraus. Von dort geht es dann in den Labmagen, wo die Nahrung mit Verdauungsäften vermischt und zersetzt wird. Im Dünn- und Dickdarm werden weitere Nährstoffe herausgefiltert, bevor die Reste dann als Kuhfladen auf dem Boden landen. Die Kautätigkeit ist ernorm wichtig, weshalb Rinder viel strukturreiche Kost wie Gras und Heu brauchen.

Zungenakrobatik

Habt Ihr schon mal versucht, Euch mit der Zunge die Nase zu putzen? Für Rinder ist das eine Leichtigkeit. Sie beherrschen die Kunst der Zungenakrobatik. Mit ihrer Zunge können sie Grasbüschel umwickeln und diese aus der Erde ziehen. Sie können mit der Zunge schmecken, tasten und auch Nahrung transportieren. Eine Rinderzunge kann bis zu 30 cm lang sein. Auch für Sympathiebekundungen setzen sie ihre Zunge ein. So lecken Rinder, die sich mögen, einander ab.

Auch wir Menschen werden von ihnen abgeschlabbert. Ihre Zunge fühlt sich so rau an, wie Sandpapier. Das ist praktisch, damit die Grasbüschel, die sie mit der Zunge umschließen, ihnen nicht wieder wegrutschen. Dafür haben Rinder keine Schneidezähne im Oberkiefer.
Die von der Zunge umfassten Grasbüschel, reißen sie mit den unteren Schneidezähnen ab.

Hörner

Hörner dienen der Kommunikation untereinander. Bei genügend Platz reicht den Rindern oft nur eine leichte Kopfbewegung ohne Berührung, um andere Herdenmitglieder an die Einhaltung des Individualabstands zu erinnern. Die individuelle Silhouette der Hörner hebt sich so ab, dass sich Rinder dadurch besser erkennen können. In einer Kasseler Studie kamen Forschende zu der Erkenntnis, dass Auseinandersetzungen mit Körperkontakt bei behornten Rindern seltener sind, als bei Rindern ohne Hörner. Außerdem dienen Hörner als „Klimaanlage“, weil Rinder darüber Wärme ableiten können. Hörner haben eine Verbindung zum Stirnraum und dienen als Erweiterung der Nasennebenhöhlen außerdem dazu, dass Verdauungsgase besser zirkulieren können. Sie sind durchblutet und von feinen Nervenbahnen durchzogen. Auch zum Rückenkratzen setzen Rinder ihre Hörner gern ein.

Rinder in der Lebensmittelindustrie

Das Leid hinter Milch und Fleisch

Etwa 87 Prozent aller Milchkühe leben laut Statistischem Bundesamt (2020) in so genannten Boxenlaufställen. Dieser besteht aus Liegeboxen, die durch Metallbügel voneinander abgegrenzt sind. Dadurch können sich die Tiere allerdings nicht quer hinlegen. Die Laufwege dahinter sind meist mit Beton oder Spaltenboden versehen. Sie bieten kaum Bewegungsanreize.

Nur rund 31 Prozent dieser Kühe können in den Sommermonaten auf die Weide. Noch ist außerdem die Anbindehaltung erlaubt, bei denen Rinder entweder im Winter oder gar ganzjährig im Stall angekettet sind. Der Fokus liegt auch hier vor allem auf der Wirtschaftlichkeit und in vielen Betrieben ist es zu viel Aufwand die Rinder auf die Weide zu lassen und zu den Melkzeiten wieder herein zu holen.

Ein Großteil der in Deutschland gehaltenen Rinder ist sowohl in Milch- als auch in Mastbetrieben genetisch hornlos oder wird bereits im Kälbchenalter enthornt. Dafür werden die zarten Hornknospen mit einem Brennstab ausgebrannt und die Nerven- und Blutbahnen verödet. Das kann aus einem Sicherheitsbedürfnis heraus erfolgen, weil der Mensch Rinder ohne Hörner als weniger gefährlich empfindet. Oft erfolgt es auch aus Profitgründen, weil so mehr Rinder in den Stall passen. Damit amputiert der Mensch den Rindern ein wichtiges Körperteil.

Rund 3 Millionen

Rinder wurden in Deutschland im Jahr 2022 geschlachtet. Darunter auch tragende Tiere.

 

24 Stunden

nach der Geburt verbringen die meisten Kälber auf Milchbetrieben bei ihren Müttern, bevor Mutter und Kalb getrennt werden.

Zwei Jahre

alt ist ein Mastrind, wenn es geschlachtet wird. Die natürliche Lebenserwartung beträgt rund 20 Jahre.

Bullenkälbchen
Bullenkälbchen, die in Milchbetrieben auf die Welt kommen, gelten meist als unbrauchbares „Nebenprodukt.“ Sie werden geboren, damit ihre Mütter weiterhin in wirtschaftlicher Menge Milch geben. Da sie männlich sind, können aus ihnen später keine Milchkühe werden. Rinder, die auf hohe Milchleistung gezüchtet wurden, legen weniger schnell an Gewicht zu.

So ist es aufwendiger und kostenintensiv diese Kälber aufzuziehen. Händler zahlen meist aber nur geringe Preise für die Bullenkälber, so dass die Kosten den Ertrag oft übersteigen. Kommen dann noch Tierarztkosten dazu, gelten diese Kälber als besonders unwirtschaftlich. Inzwischen dürfen Kälber allerdings erst im Alter von vier Wochen den Betrieb verlassen. In dieser Zeit wurden sie von ihrer Mutter getrennt und haben oftmals nur eine Minimalversorgung erhalten. Diesen oft schwachen und zarten Kälber stehen dann oftmals noch lange Transporte in weit entfernte Länder bevor, die viele von ihnen nicht überleben.

Rindertransporte
Zum Schutz der Tiere existiert eine EU-Tierschutz-Transportverordnung, die auch eingehalten werden soll, wenn der Zielort außerhalb der EU liegt. Doch je geringer der finanzielle „Wert“ der Tiere, desto schlimmer sind die Bedingungen bei Lebendtierexporten. Es mangelt an Kontrollen, um die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu überprüfen. Für den Milchkonsum in Deutschland fahren überschüssige Bullenkälber oder aussortierte Milchkühe oft tagelang in LKWs oder auf Schiffen über die EU-Grenze.

Gesetzlich erlaubte Transportzeiten werden oft überschritten. Mangels genügender Einstreu stehen die Tiere auf ihren eigenen Exkrementen, geschwächte Tiere können ausrutschen und verletzte oder kranke Tiere bekommen oft tagelang keine Hilfe, weil keine Notfallpläne existieren. Die gesetzlich vorgeschriebenen Ruhe-, Tränk- und Fütterungspausen werden bei diesen Transporten in vielen Fällen ignoriert. (Quelle: Animals Angels)

Wir können auch anders

Jedes Jahr leiden Milliarden von sogenannten Nutztieren hinter verschlossenen Stalltüren. Sie sind Teil unseres Lebensmittelproduktionssystems und haben keine Chance auf ein eigenes, artgerechtes Leben. Sie sind dem System hilflos ausgeliefert und haben keinen anderen Ausweg, als auf uns Menschen zu zählen, damit sich etwas ändert.

Was wir tun können:

  • auf pflanzliche Ernährung achten
  • Mitgefühl zeigen
  • über Speziesismus sprechen
  • einem Lebenstier mit einer Patenschaft ein schönes Leben ermöglichen
Patenschaft übernehmen